Wir haben jetzt schon viele Originale dieser Stühle überarbeitet und sehen: Die Anzahl der Varianten ist sehr groß.
Die Maße der Stühle unterscheiden sich nur geringfügig. Aber alle sind nahezu perfekt zum Sitzen und Lesen für etwas größere Männer.
Die Armlehnen sind manchmal unterschiedlich, es gibt sie mit und ohne Beinauflage und auch die Leisten unter der Armlehne sind manchmal anders.
Das Holz ist Eiche, manchmal auch dunkel gebeizt.
Was immer gleich ist, ist der Klappmechanismus der Rückenlehne. Auf einigen Mechanismen ist die Bezeichnung D.R.G.M. eingeprägt. Dies ist das Kürzel für "Deutsche Reichs-Gebrauchsmuster". Das Gebrauchsmuster ist der "kleine Bruder" des Patents und wurde 1891 in Deutschland als Gebrauchsmusterschutz eingeführt. Es diente dazu, "Erfindungen zu schützen, die nicht "patentwürdig" waren, d.h. bei denen der Innovationsgrad nicht so hoch war.
Manufactum hat die Geschichte des“ Göttinger Stuhls“ oder des“ Professorenstuhls“ etabliert und das ist natürlich schön für uns. Ich denke aber, es gab diesen Klappmechanismus, so wie es heute Schubladen Auszüge oder Türbänder gibt und Möbelschreiner oder Manufakturen haben daraus ähnliche, aber doch auch unterschiedliche, Stühle gefertigt.
Es sind aber immer Herren Stühle, gedacht für den Herr Professor, oder ähnliches, wenn er mit einer guten Zigarre und einem Glas Wein oder Bier mit einer Zeitung oder ohne, entspannen will.
(Tatsächlich haben wir in Berlin und Leipzig Stühle mit Beinauflage und Klapplehne gefunden die damals unter dem Namen „Pascha Stuhl“ vermarktet wurden. Allerdings nicht besonders schön.
Heute ist das, natürlich, ein unmögliches Wort, aber etymologisch bezieht sich das Wort Pascha zunächst auf einen „höherrangigen Herrn im Orient“. In einer Zeit um die Jahrhundertwende gab es in Deutschland ein großes Faible für das Osmanische Reich und die Geschlechter Rollen waren deutlich anders als heute.)
Unsere Göttinger Stühle sind zwar immer noch perfekt zum Lesen und Entspannen aber viel moderner als die oben Erwähnten. Deshalb denke ich das sie eher aus den 1920 er Jahren sind. Vorher war die Kaiserzeit und nachher…... naja, lassen wir das lieber.
In den 1920er Jahren wurden viele Produkte neu gedacht und überarbeitet. Die industrielle Produktion und das Maschinenzeitalter waren Verheißungen und wurden positiv gesehen und Strömungen wie der Deutsche Werkbund und später das Bauhaus wollten dafür neue Produkte entwickeln. Josef Hoffman hat in der Zeit eine „Sitzmaschine“ entwickelt, die schon Relax Funktionen hatte.
Einige unserer Stühle wurden auch als „Sitzmaschine“ angeboten, ein Wort dessen positive Konnotation wir heute nur schwer nachvollziehen können.
Obwohl heute als Design Objekt geschätzt, ist der Göttinger Stuhl für uns zuerst ein richtig gutes, durchdachtes, handwerkliches Erzeugnis aus den 1920er Jahren. Mit den verfügbaren Maschinen und Techniken wurde ein langlebiges, gut ausgereiftes Produkt, in einer sehr guten Qualität, zu einem angemessenen Preis gefertigt. Obwohl Ressourcen Schutz damals noch keine Rolle gespielt hat, wurde nichts Überflüssiges verbaut und die Art des Holzzuschnittes und der Verarbeitung würde uns heute in vielerlei Hinsicht gut zu Gesicht stehen.
So gesehen ist der Göttinger Stuhl doch ein Vorbild für eine moderne, nachhaltige, Ressourcen schonende Gestaltung.
Ich hoffe Sie haben mit dem Gebrauch des Stuhles so viel Freude wie wir beim restaurieren.
Im Laufe unserer Recherche über den "Göttinger Stuhl" sind wir auch auf die Originalprospekte der 20er Jahre gestoßen.
Es ist aus heutiger Sicht ein vergnüglicher Spaß, sich die originale Werbung anzuschauen.
Der Gebrauch hat sich sicherlich gewandelt, aber die Qualität ist unbestritten.
Wenn Hölzer ausgetauscht werden müssen, dann machen wir das.
Proportionen werden, wo es uns nötig erscheint, verändert, weil wir eine eigene Vorstellung vom fertigen Stück haben.
Obwohl alle Elemente überarbeitet und die Polster komplett erneuert werden, ist das Alter, die Patina, noch zu sehen.
Alterungsspuren im Holz mögen wir, denn sie erzählen die Geschichte des Objekts, sind authentisch und das darf man ruhig sehen.
Wir denken nein. Denn Handarbeit ist nicht klinisch rein.
Unsere Göttinger Stühle sind Originale aus den 1920 bis 30er Jahren und meistens aus Eiche gefertigt.
Sie werden komplett auseinandergenommen und die Einzelteile überarbeitet geschliffen und geölt. Fehlende Teile werden ergänzt.
Dadurch ergeben sich auch natürlich leicht unterschiedliche Farben im Holz (Eiche ist eben nicht gleich Eiche).
Die Polster machen wir grundsätzlich komplett neu. Auch der beste Stoff ist nach hundert Jahren verschlissen. Allein aus hygienischen Gründen ist das für uns eine Notwendigkeit.
Mehr Informationen zu Polsterart und den Stoffen finden Sie im Button unten zu "Fragen zu unseren Göttinger Stühlen".
Auf Wunsch fertigen wir eine Messingschale die in unter die Armauflage eingeschwenkt werden kann.
Wenn es sich für Sie ergibt können Sie den Stuhl gerne bei uns in der Werkstatt besichtigen. Um sich einen Eindruck zu verschaffen, zum Probe sitzen, Stoff aussuchen oder ganz allgemein die Qualität zu sehen und zu fühlen.
Nach Rücksprache liefern wir die Stühle gerne auch persönlich an.